Regina Crucis
Regina Crucis
Predigt am Fest der allerseligsten Jungfrau Maria,
unter der Anrufung von Regina Crucis
Admiramini, gaudete: Christus facti sumus.
‚Bewundert, freut euch: Wir sind Christus geworden.‘
S.cti Augustini, In Johann. Evang. Tract., 21, 8
Die göttliche Liturgie dieser Votivmesse zu Ehren der allerseligsten Jungfrau Maria, unter der Anrufung von der ‚Königin des Kreuzes‘, bietet uns in der Epistel die Vision der Apokalypse der Frau und des Drachens, die dieser feierlichen Zelebration grosse und wichtige Punkte der Reflexion anbietet.
Die Frau steht für die allerseligste Jungfrau Maria und somit für die Kirche, deren Königin und Mutter sie ist, da sie die Mutter unseres Herrn und Gottes, das Haupt des mystischen Leibes und die geistige Mutter der Christen ist, die dessen lebendige Glieder sind. Unter ihren jungfräulichen Füssen zertritt die Frau den Mond und symbolisiert damit die Verachtung für die vergänglichen und veränderlichen Dinge, die im Gegensatz zur unveränderlichen Ewigkeit Gottes steht. Sie ist mit der Sonne der Gerechtigkeit bekleidet, d. h. sie steht unter dem Schutz Christi und trägt eine Krone aus zwölf Sternen, den zwölf Aposteln, die die Juwelen der Kirche bilden. Die Rufe nach den Geburtswehen spielen auf die Tatsache an, dass die Heilige Kirche – und die allerseligste Jungfrau Maria – die Kinder Gottes zum Leben der Gnade zeugen, indem sie in Mitleid und Miterlösung ihre Schmerzen mit dem Leiden und der Erlösung Christi vereinen und so der Jungfrau den Titel der ‚Königin des Kreuzes‘ verdienen. Die Jungfrau Maria war mit Christus, als er sich vom Kreuz herab als Herrscher der Welt bezeichnete; und zu Füssen des Kreuzes legte sie den königlichen Mantel des vollkommenen Schmerzes an, liess sich von ihm durchdringen und krönen, indem sie mit dem göttlichen Sohn das Zepter des Leidens hielt.
Die Kirche – Maria, die ihre Mutter ist – zeugt auch die liebsten ihrer Kinder: die Priester, Diener der Sonne und des Blutes, wie die heilige Katharina von Siena sie nannte. Ihre Geburt zieht den Drachen, d. h. Satan, an, weil er sie zerreissen will, um sie daran zu hindern, das Kreuzesopfer mystisch zu erneuern, durch das der Herr in der übernatürlichen Ordnung wiederhergestellt hat, was durch die Sünde Adams verdientermassen verloren gegangen war. Und seit der Vertreibung unserer ersten Eltern bezieht sich die Verheissung des Protevangeliums (Gen 3,15) unfehlbar auf die Vision der Apokalypse, in der der Kampf zwischen Christus und Satan neu dargestellt wird, zwischen der Abstammung Christi, die die Kirche ist, und der Abstammung Satans, die die Anti-Kirche oder der freimaurerische globalistische Sanhedrin (‚Hohe Rat‘) ist.
Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf den dreifachen Angriff des Drachen lenken: Der erste richtet sich gegen Jesus Christus, den neugeborenen Sohn der Frau (Offb 12,5), der seinen Angriffen entgeht und in den Himmel entrückt wird; der zweite richtet sich gegen die Frau (Offb 12,6), die in die Wüste flieht – eine Allegorie für einen Ort, der vor Satans Angriffen geschützt ist – für einen Zeitraum von 1260 Tagen, d. h. 42 Monate oder dreieinhalb Jahre, d. h. die Zeit der Herrschaft des Antichristen (Offb 12,6 und 14); der dritte richtet sich gegen die Kinder der Frau, d. h. gegen die Christen und die Kirche, die jedoch durch das Blut des Lammes den Sieg über den Drachen erlangen (Offb 12,11).
Ich finde diese dreifache Unterscheidung des Angriffs Satans sehr erbaulich und bedeutsam.
Wir sehen, dass der Teufel immer Christus angreift, zuerst in Seiner Person, dann in Seinem Mystischen Leib und schliesslich in Seinen Gläubigen. Doch der Sieg, den der Herr erringen will, wird erst im dritten Angriff erreicht: Und der Drache ward voll von Grimm über das Weib und ging hin, Krieg zu führen mit den übrigen ihrer Kinder, mit denen, die Gottes Gebote halten und das Zeugnis Jesu bewahren (Offb 12,17). Wer sind diese? Von wem spricht der heilige Johannes, wenn er auf die Nachkommen des Weibes hinweist, wenn nicht von denen, die treu geblieben sind und nicht vom Glauben abgefallen sind und sich nicht vom Schwanz des Drachens fortreissen liessen (Offb 12,4)? Es ist ein grosser Trost zu sehen, wie sehr es dem Herrn gefällt, seine Kinder zum Kampf in der Schlacht gegen Satan zu rufen, damit sie durch ihre grossmütige Hingabe an den Willen Gottes zu gefügigen Werkzeugen des Triumphes Christi über den werden, der von Anfang an ein Mörder war (Joh 8,44). Der Herr will nicht allein siegen: Er will, dass sein Sieg auch unser Sieg wird, wenn wir unter den Bannern von Christus, dem König, und Maria, der Königin, auf das Schlachtfeld hinabsteigen, die uns – Christus im Leiden und in der Erlösung und die allerseligste Jungfrau Maria im Mitleiden und in der Miterlösung – von unserem Zustand als Sklaven des Teufels erlöst haben. Und hier ist das Kreuz, auf dem der König sitzt und zu dessen Füssen die Königinmutter steht; Königin und Mutter eines jeden Getauften, aber vor allem eines jeden Priesters, und die der Herr ihr als seine tapferen Untertanen und seine ergebenen Kinder anvertraut hat.
Lassen wir uns also nicht vom grimmigen Hass des Drachen auf die Kinder der Kirche, die alle die geistigen Kinder der allerseligsten Jungfrau Maria sind, überraschen: Dieser Hass ist ein Spiegelbild des Hasses auf die Kirche selbst, auf die Unbefleckte Jungfrau und auf den Sohn Gottes, unseren Herrn Jesus Christus. Wir sollten eher überrascht sein, wenn der Drache nicht versucht, uns zu verschlingen, denn das würde bedeuten, dass er Christus nicht in uns sieht und uns nicht als Hindernis in seinem Krieg gegen Gott betrachtet. Wir sollten überrascht sein, wenn seine Diener uns als ihre Freunde behandeln, denn dann werden wir verstehen, dass wir nach dem Geist der Welt und nicht nach Gott han-deln und denken.
Deshalb ist der Drache der Anti-Kirche in dieser korrupten und rebellischen Gesellschaft, die von einer
Elite von im Geist und im Willen Verderbten dem Bösen unterworfen wird, so sehr entfesselt gegen die Priester : Er weiss sehr wohl, wie furchterregend sie sind, denn in ihre Hände hat der Herr die göttliche Macht gelegt, den Leib und das Blut Christi zu weihen, das unbefleckte Opfer dem Vater im heiligen Messopfer darzubringen, den Strom der Gnaden und Segnungen zu verewigen, der die in die Wüste geflüchtete Frau, das Abbild der Kirche, schützt. Alles dreht sich um das Kreuz, denn dort wurde Satan von unserem Herrn besiegt, dort hat Seine heiligste Mutter, vereint mit dem Leiden des Sohnes, der Schlange den Kopf zertreten, wie es im Protoevangelium versprochen wurde. Hier zeigt sich die Mutter der Kirche terribilis ut castrorum acies ordinata (‚furchtbar wie ein geordnetes Kriegsheer‘) gegen das Chaos der höllischen Horden, die die befestigte Stadt belagern.
Priestertum, Messe, Eucharistie, Heiligste Jungfrau Maria: Diese Fundamente unserer Religion werden täglich vom Teufel und seinen Dienern angegriffen.
Das Priestertum, weil es in der Kirche die heiligende Wirkung seines Hauptes fortsetzt; die Messe, die die Haupthandlung des Priestertums ist; die heiligste Eucharistie, die Christus unter den heiligen Gestalten wahrhaft gegenwärtig macht, die zur geistigen Nahrung für das himmlische Vaterland wird; die Jungfrau Maria, der lebendige Tabernakel des Höchsten und Vorbild jener heiligen Demut, die den Stolz Luzifers stürzt.
Gewiss, wir sollten um das Schicksal derer zittern, die, von der Sünde geblendet, das angreifen, was diesen Kampf am effektivsten führt. Und wir sollten entsetzt sein, wenn wir hören, wie derjenige, der sich auf den Thron des Stellvertreters Christi gesetzt hat, die Bewahrung des Glaubensgutes als Rückständigkeit, die Treue zu den Lehren unseres Herrn als Starrheit und den Gehorsam gegenüber dem, was Er die Apostel gelehrt hat, als Formalismus anklagt. Weil diese wahnhaften Worte, diese abwegigen Erklärungen, die sich seit zehn Jahren in dem narkotisierten Schweigen der Hierarchie, der Kleriker und der Gläubigen häufen, den deutlichsten und verwirrendsten Beweis für Bergoglios Seltsamkeit und Fremdheit gegenüber der Rolle, die er einnimmt, ja sogar für seine offensichtliche Abneigung gegenüber allem, was katholisch, apostolisch und römisch ist; gegenüber allem, was die Gegenwart Christi, des Königs und des Pontifex, am innigsten verwirklicht: das Priestertum, die Messe und die Eucharistie. Und gegen die, die Mutter der Kirche und Königin des Kreuzes ist.
Das Blut gefriert in unseren Adern, wenn wir hören, wie die Lehre von der Miterlösung und der Mittlerschaft der allerseligsten Jungfrau Maria als Unsinn bezeichnet wird.
Nein, liebe Brüder: Wir sind nicht „krank aus Sehnsucht nach Vergangenem“, weil wir nicht von der Welt sind – und auch nicht sein dürfen -, sondern in der Welt. Weil die Worte unseres Herrn nicht den Moden oder den Schwankungen der Zeit unterworfen sind: veritas Domini manet in æternum (‚Die Wahrheit des Herrn bleibt ewig“). Wir trauern nicht einer weit zurückliegenden Epoche nach, einem vergangenen goldenen Zeitalter, denn wir wissen sehr wohl, dass der Kampf zwischen Christus und Satan, der im irdischen Paradies begann, dazu bestimmt ist, weiterzugehen und sich umso mehr zu verschärfen, je näher und unerbittlicher das redde rationem (‚Gib Rechenschaft‘) der letzten Zeiten heranrückt, in dem der Erzengel Michael Satan und seine Weggefährten zum zweiten Mal und für immer in den Abgrund zurückstossen wird. Unser ist keine Anhänglichkeit an die Vergangenheit, sondern an das Ewige. Sie ist kein Weg, den Herausforderungen der Gegenwart zu entgehen, indem wir uns in eine Oase der Ästhetik flüchten, denn wenn es so wäre – und das ist leider bei einigen sogenannten konservativen Gemeinschaften der Fall – würden wir uns schuldig machen, Form gegen Substanz zu tauschen, bei Prinzipien Kompromisse einzugehen, um den äusseren Schein zu wahren.
Betrachten wir die Geschehnisse in dieser entscheidenden Phase der Menschheitsgeschichte und des
Lebens der Kirche realistisch und ohne uns täuschen zu lassen: Wir sind der Endzeit sehr nahe, und vielleicht sind diese dreieinhalb Jahre, in denen die Frau in die Wüste fliehen wird, gar nicht so weit entfernt, wie wir es uns wünschen würden. Dreieinhalb Jahre, in denen der Antichrist die Welt beherrschen und die Gläubigen verfolgen und martern wird, in der Gleichgültigkeit der Welt, im Schweigen der Medien, in der komplizenhaften Sorglosigkeit der falschen Hirten, mit ihrer törichten und schäbigen Komplizenschaft, die ihre wahren Absichten und, was am schlimmsten ist, ihren Verrat an unserem Herrn offenbart.
Wenn du der Sohn Gottes bist, steige vom Kreuz herab: Das wiederholen die Hierarchen der Konzilssekte, wenn sie unter Missbrauch ihrer Macht wie die Hohepriester des Sanhedrin das von Christus eingesetzte Priestertum auslöschen wollen, indem sie den Priester in einen Beamten verwandeln, das heilige Messopfer verhindern, es zu einem geselligen Bankett verderben und die heiligste Eucharistie entweihen, indem sie zur Kommunion diejenigen zulassen, die nicht würdig sind, sie zu empfangen. Steigt vom Kreuz herab, rufen sie, d. h. vollzieht nicht die Erlösung, die wir so sehr fürchten. Steigt vom Altar herab, warnen sie heute: damit die Erlösung nicht verewigt und zeitlich verlängert wird, damit das Opfer von vor neunzehnhundertneunzig Jahren auf die Vergangenheit beschränkt bleibt, unfruchtbar und unproduktiv gemacht wird wie das Talent, das der untreue Diener im Feld vergraben hat.
Wir sind nicht die Rückständigen, die Nostalgiekranken: Vielmehr sind sie es, die mit Schrecken auf die Realität ihres eigenen, bereits verlorenen Krieges blicken und mit allen Mitteln versuchen, den Triumph Christi zu verhindern – nachdem sie mit dem Angriff auf ihn und die mit der Sonne bekleidete Frau gescheitert sind -, der heute die Kinder der Kirche, die Kinder der allerseligsten Jungfrau Maria, trifft.
Wie können wir den Drachen besiegen? Durch das Blut des Lammes und das Wort ihres Zeugnisses (Offb 12,11): Durch die Messe, wodurch dieses kostbarste Blut auch heute noch reichlich für die Rettung der Seelen vergossen wird; durch das Priestertum, das die Messe ermöglicht und das Wort des Zeugnisses durch die Predigt verbreitet; durch die heiligste Eucharistie, den Leib und das Blut des Lammes. Und dank der Frau, dem Abbild der allerseligsten Jungfrau Maria und der Kirche, in deren Schoss unser Herr gebildet wurde und aus deren Schoss die Kinder Gottes geistig geboren werden.
Betrachten wir die Ereignisse sub specie æternitatis (‚unter dem Gesichtspunkt der Ewigkeit‘): Nur so verstehen wir die Täuschung desjenigen, der nach der Mentalität der Welt handelt – dessen Fürst Satan ist – und können ihm entgegentreten. Und geben wir nicht auf, so zu sein, wie der Herr uns haben will, und nicht so, wie uns die Söldner und Wölfe im Schafspelz in ihrer „pastoralen Vision“ haben wollen.
Auf die x-ten verwirrenden und skandalösen Äusserungen Bergoglios antworten für uns die Worte des ehrwürdigen Papstes Pius XII: Hinter denen, die die Kirche beschuldigen, starr zu sein, steht nur die Perversion des falschen Propheten, der die Wahrheit Christi selbst angreift. Amen.
+ Carlo Maria Viganò, Erzbischof
20. Mai 2023,
Samstag in der Oktav von Christi Himmelfahrt
© Übersetzung ins Französische von F. de Villasmundo für MPI; korrekturgelesen von Erzbischof Viganò
© Übersetzung aus dem Französischen ins Deutsche durch P. Alois Brühwiler SAJM