Vita mutatur, non tollitur

Mons. Carlo Maria Viganò

Vita mutatur, non tollitur

Ansprache von Erzbischof Carlo Maria Viganò
zum Tod von Weihbischof Richard Williamson

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Weihbischof Richard Nelson Williamson
A 8. März MCMXL – Ω 29. Januar MMXXV

Tuis enim fidelibus, Domine,
vita mutatur, non tollitur;
et, dissoluta terrestris hujus incolatus domo,
æterna in cælis habitatio comparatur.

Deinen Gläubigen, o Herr, kann ja das Leben nicht geraubt werden,
es wird nur neugestaltet;
wenn die Herberge ihres Erdenwallens in Staub zerfällt,
steht ihnen eine ewige Heimat im Himmel bereit.

Präfation der Totenmesse

 

Ein lieber Freund, ein verehrter Bruder im Bischofsamt, ein Kamerad im Kampf hat seine irdische Pilgerreise beendet und ist in die Ewigkeit eingegangen. Und in diesen Stunden der Trauer, die nur durch die Augen des Glaubens gemildert werden, können wir nicht umhin, sein Hinscheiden zu betrauern, uns an seinen mühsamen Kampf, seine Treue und sein Wirken im Dienste der heiligen Mutter Kirche zu erinnern und uns dem Gebet für das Wohl seiner Seele zuzuwenden.

Meine brüderliche Freundschaft mit Bischof Williamson ist relativ jung. Sie begann zu dem Zeitpunkt, als ich mich mit den römischen Behörden anlegte, nachdem das Bewusstsein für die konziliare Revolution und ihre verheerenden Auswirkungen gereift war, ein Bewusstsein, das Seine Exzellenz lange vor mir erlangt hatte. Von unseren Begegnungen ist mir seine Fähigkeit in Erinnerung geblieben, das bedingungslose Festhalten an der katholischen Wahrheit mit einem Anwehen wahrer Nächstenliebe und unermüdlicher Kraft in der Verkündigung des Wortes zu verbinden. Ich erinnere mich an seine bescheidene und freundliche Art. Als echter britischer Gentleman hatte er einen ausgeprägten Sinn für Humor. Seine große Kultur hinderte ihn nicht daran, sich einfach und bescheiden zu verhalten, selbst in seiner ärmlichen Kleidung. Ich erinnere mich gut an die fadenscheinige Soutane, die er gewöhnlich trug, und an seine Abneigung gegen künstliche Höflichkeiten.

Da er vom Anglikanismus konvertiert war und in der Schule eines großen Erzbischofs, Mgr. Marcel Lefebvre, im traditionellen Glauben erzogen wurde, konnte er ihm auch angesichts des Versagens seiner Brüder treu bleiben, als menschliche Zweckmäßigkeit und diplomatisches Kalkül über das Erbe des französischen Erzbischofs obsiegten. Bischof Williamson war ungehorsam gegenüber einem abtrünnigen Rom; ungehorsam gegenüber einem eiternden Konservatismus, der die wahren Gründe für seine Existenz vergessen hatte; ungehorsam gegenüber einer Welt, die unfähig war, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen. Dieser offensichtliche Ungehorsam – der ihn untrennbar mit der Figur von Mgr. Lefebvre verbindet, dem rebellischen Bischof, der es wagte, den Modernismus von Paul VI. und Johannes Paul II. herauszufordern – war der Grund, warum er 2012 von der Bruderschaft St. Pius X., der er angehörte, verlassen und ausgeschlossen wurde, weil er nicht bereit war, sich mit dem konziliaren Rom und dem Pseudokonservatismus von Benedikt XVI. zu arrangieren.

Von da an setzte sich Msgr. Williamson für den Aufbau eines katholischen Widerstands ein, welcher der Abtrünnigkeit der römischen Behörden einerseits und den Kompromissen und Nachgiebigkeiten der Bruderschaft St. Pius X. andererseits, deren Obere immer mehr im Streben nach kanonischer Normalisierung gefangen waren, wirksam entgegentreten konnte. Bischof Williamson war ein freier Mann, der sich vor allem nicht der politischen Korrektheit anpasste und sich nie um das Bild sorgte, das die Presse von ihm zeichnete. In seiner klaren geopolitischen Vision nahm er viele Ideen vorweg, die heute durch die Fakten bestätigt werden, angefangen bei der Rolle des Zionismus beim Angriff auf die christliche Gesellschaft. Er durchlebte Prüfungen und Demütigungen ohne Aufhebens, bewahrte Gelassenheit und suchte in allem nur die Ehre Gottes und seine eigene Ähnlichwerdung mit Christus, dem Hohenpriester.

Als ich im Jahre 2020 meine Stimme erhob, um den psycho-pandemischen Betrug anzuprangern, teilten wir dieselbe Vision der Welt und ihrer geopolitischen Mühen, indem wir den Globalismus als den Konvergenzpunkt der Ideologien der modernen Zeit und die Beziehung zwischen dem Tiefen Staat und der Tiefen Kirche als die wahre Bedrohung für die Menschheit und die Kirche identifizierten.

Er war ein glühender Verehrer der heiligen Jungfrau und insbesondere der Muttergottes von Fatima. Seine Überzeugung vom Sieg des Unbefleckten Herzens gemäß den Verheißungen Unserer Lieben Frau war das Leuchtfeuer seines inneren Lebens und Handelns und das gläubige Beten des Rosenkranzes seine unbesiegbare Waffe.

Die Hirnblutung, die ihn in der letzten Woche heimsuchte, hinderte ihn nicht daran, mit Gottes Gnade den Trost der Sakramente zu empfangen und von denen begleitet zu werden, die ihm in dem Augenblick nahestanden, als er im Herrn einschlief. So wollte der Herr, dass er in einem ruhigen Schlaf des Körpers ein Leben als Kämpfer in den Schützengräben der Heiligen Kirche beendete, das von seinen Freunden beklagt und von seinen Gegnern noch immer geachtet wurde.

Die katholische Lehre über die Gnadenerweise, die in der traditionellen Liturgie, die Mgr. Williamson stets eifersüchtig gehütet und weitergegeben hat, in bewundernswerter Weise zum Ausdruck kommt, geht auf das zweite Buch der Makkabäer im Alten Testament zurück. Demnach ließ Judas Makkabäus das Sühneopfer für die Toten darbringen, damit sie von ihren Sünden freigesprochen werden (2.Makk 12,45).

Dieses Sühneopfer feiern wir mit dem feierlichen Begräbnis unseres verehrten Bischofs. Ein Opfer, das durch die Zeichen des alten Gesetzes vorweggenommen und in Christus im Neuen und ewigen Bund erfüllt wurde. Ein Opfer, das Bischof Williamson täglich in der Form feierte, die die Heilige Kirche durch die Jahrhunderte bewahrt hat, weil er darin zu Recht die Erfüllung der alten Verheißungen und die Verheißung unendlicher Gnaden für die Zukunft sah.

Es ist die Heilige Messe, die letztlich alle Katholiken und insbesondere uns Diener Gottes in einer ununterbrochenen Prozession vereint, die alle Regionen der Erde und alle Zeiten bis zum Ende der Welt durchquert. Es ist die Apostolische Messe, die Messe des heiligen Gregor des Großen, des heiligen Pius V., des heiligen Pius X., des heiligen Pater Pio, des heiligen Lefebvre. Die Messe, die die unsere ist, insofern sie eine betende Synthese unseres Glaubens, des Glaubens der Kirche ist. Die Messe, die uns und den Gläubigen gehört und die uns das konziliare und synodale Rom dennoch vorenthalten möchte, weil es genau weiß, dass dieser ehrwürdige Ritus alle seine Irrtümer, sein feiges Schweigen und seine feige Komplizenschaft widerlegt und verurteilt.

Tu es sacerdos in æternum secundum ordinem Melchisedech, sagt die göttli-che Weisheit. Solange es Priester und Bischöfe gibt, die dem Beispiel wahrer Hirten wie Mgr. Lefebvre und Mgr. Williamson folgen, wird das ewige Opfer nicht versagen, und dank ihm werden wir diese dramatischen Zeiten der Drangsal, die der Endzeit vorausgehen, siegreich durchstehen können.

Diese Aneignung des Opfers darf nicht nur rituell sein. Jede priesterliche Seele – das sage ich euch, liebe Mitbrüder im Klerus – muss auch zum mystischen Opfer werden, nach dem Vorbild des reinen, heiligen und unbefleckten Opfers, um an seinem eigenen Fleisch zu vollenden, was an den Leiden Christi fehlt, um seines Leibes willen, der die Kirche ist (Kol 1,24). Dies hat Bischof Williamson getan, der aus Liebe zu Christus Verfolgung und Verbannung auf sich genommen hat, um die feierlichen Verpflichtungen, die er in der Fülle des Priestertums eingegangen ist, nicht zu brechen.

Im Paradies, versammelt in der Anbetung des Lammes und der Heiligen Dreifaltigkeit in der ewigen himmlischen Liturgie, sind alle Heiligen aller Zeiten durch ihre Liebe zum vollkommenen Opfer vereint. Beten wir, dass Bischof Williamson in die himmlischen Heerscharen aufgenommen wird und dass er von dort aus zusehen kann, wie wir die heiligen Gesten und heiligen Worte wiederholen, die er bis wenige Tage vor seinem Tod auf den Lippen hatte.

Bischof Williamsons bischöflicher Wahlspruch lautete Fidelis inveniatur, entnommen aus dem ersten Brief an die Korinther: Jeder von uns betrachte sich als Diener Christi und Verwalter der Geheimnisse Gottes. Von den Verwaltern aber wird verlangt, dass jeder von ihnen treu ist (1.Kor 4,1f.). Denn der Verwalter ist nicht der Eigentümer des Gutes, sondern derjenige, der es so, wie er es empfangen hat, an die weitergeben muss, die nach ihm kommen werden. Und genau das hat unser Bruder im Bischofsamt getan, eingedenk der Worte des Apostels: Was mich betrifft, so ist mein Blut im Begriff, als Trankopfer vergossen zu werden, und die Zeit ist gekommen, die Segel zu streichen. Ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe meinen Lauf vollendet, ich habe den Glauben bewahrt. Jetzt bleibt mir nur noch die Krone der Gerechtigkeit, die der Herr, der gerechte Richter, mir an jenem Tag geben wird; und nicht nur mir, sondern auch allen, die sein Erscheinen in Liebe erwarten (Tim 4,6-8).

+ Carlo Maria Viganò, Erzbischof

31. Januar 2025

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